Samstag, 6. Juni 2009

Crash

Da fällt also irgendwo ein Flugzeug vom Himmel und mit ihm verschwinden Menschen. Klar, waaaahnsinnig tragisch für die betroffenen Familien und so. Und es war ja auch sogar ein Baby dabei - was alles passiert auf der Welt!

Wie das wohl wirklich war in diesem Flugzeug und nun ist, frage ich mich erst, als ich erfahren habe, dass ich eines der Opfer kenne. Von früher. Dieses früher ist fast so weit weg von mir wie die Absturzstelle und trotzdem viel näher, denn nun hat der anonyme Absturz für mich ein Gesicht. Das ist keine angenehme Vorstellung - in Panik sterben und dann den Körper dem riesigen Ozean überlassen müssen, vielleicht sogar von Haien oder Tiefseespinnen leichengeschändet zu werden. Todesangst ausstehen zu müssen, die nicht nur sprichwörtlich, sondern wahr ist, weil der Tod dann tatsächlich eintritt. Sich mitten im Leben verabschieden müssen und dafür noch nicht mal einen Adressaten zu haben, weil man ganz allein ist in einem heillosen Chaos. Wie soll man da sein Sterben vollbringen?

Der Tod ist aus unserer Welt verbannt und wurde in einen kleinen, flimmernden Kasten gesperrt. Dort wütet er nun mit fast ungebrochender Macht und zeigt uns Abend für Abend Mordopfer (erschossen, erwürgt, erstochen, vergiftet, zu Tode gequält), Unfallopfer (in Autos und Flugzeugen, auf Treppen, in Wäldern und Bergen, in Chemielaboren oder Baumhäusern), Selbstmörder (an der Decke baumelnd, in der Badewanne liegend, vom Dach gesprungen auf der Straße zerbrochen), Kriegstote (man weiß nicht mehr, wo eigentlich diese Dinge geschehen, man war ja auch noch nie dort) und auch sonst alles was man sich ausdenken kann.
Was wir sehen, ist nicht mehr der Tod, sondern nur ein Bild, das keine Wirkung mehr auf uns hat. Wenn wir einen Sterbenden ansehen, sehen wir, dass der Tod es ist, von dem wir uns das Leben geliehen haben. Der Tod wurde aus unserer Welt verbannt und hat das Leben mitgenommen.

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