Dienstag, 6. Januar 2009

Non aux allemands!

Sie machen gerne in Frankreich Urlaub? Sie verfallen alle Jahre wieder für zwei, drei Wochen dem Charme und der Vielfalt der französischen Landschaften? Dann sollten Sie die sympathische Region Poitou-Charentes an der Atlantikküste in ihren Ferienplänen nicht berücksichtigen:
Kein Urlaub mehr am nördlichen Ufer der Gironde, keine Verköstigung des weltberühmten Weinbrands im Städtchen Cognac und schon gar kein Aufenthalt auf den traumhaften Inseln von Ré und Oléron. Zumindest für Deutsche. Boykott deutscher Hotelreservierungen in der Region Poitou-Charentes.
Der Mann, der das fordert, meint es ernst, und er kämpft für eine gute Sache. Antoine Majou ist Präsident der Arbeitgebervertretung des Hotel- und Gaststättengewerbes in Poitou-Charentes. Als solcher fordert er schon seit Jahren einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 5,5 Prozent für Gaststätten. Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy, der ehemalige und der aktuelle Staatspräsident, haben diesen Kampf längst auch zu dem ihrigen erklärt. Doch für eine solche Sonderregelung braucht es den Akkord aller 27 EU-Mitgliedsstaaten. Konstanter Neinsager in diesem Dossier ist Deutschland. Das letzte "Nein" sprach Angela Merkel beim EU-Rat Mitte Dezember aus.
Für den Arbeitgeberpräsident im Hotel- und Gaststättengewerbe ist mit dieser neuerlichen "Verachtung legitimer Forderungen durch die deutsche Regierung" das Fass übergelaufen. In einem Aufruf an seine Mitglieder fordert Majou, künftig "Produkte aus deutscher Fabrikation oder Verarbeitung zu boykottieren und Reservierungen deutscher Kunden abzulehnen".
Glaubt man der dieser Tage berichtenden Zeitung Sud-Ouest, wurde "diese Aufhetzung wahlweise mit Kopfschütteln oder Entrüstung aufgenommen".

Montag, 5. Januar 2009

Texte???

Ich möchte einen Text schreiben. Einen einfachen Text, keine Literatur, keinen Brief, keine Gebrauchsanweisung, schon gar kein Tagebuch. Eine Sprache, die ich dazu brauche, habe ich schon, und auch schon einige Wörter. Wörter, die klingen, als seien sie sich selbst suchende Sprache. Doch ich glaube, nein, ich befürchte, ja, ich weiß, die werden alleine nicht ausreichen, um einen Text schreiben zu können. Ein Thema werde ich nicht brauchen, das glaube ich nicht, das befürchte ich nicht, nein, das weiß ich. Über jedes Thema ist bereits schon einmal etwas gesagt, geschrieben und gedacht worden, und sehr viel besser als hier.

Ich möchte einen Text schreiben, doch wie schreibt man einen Text? Ein Computer, ein Laptop, ein Stift und ein Papier, ein Aufschreibesystem alleine wird dafür nicht ausreichen. Diese produzieren farbige Klekse auf dem Papier, Zeichen, 0010100101010101100101, bestenfalls einzelne Buchstaben - aber noch keinen Text.

Höchstwahrscheinlich entsteht ein Text im Kopf eines Lesers. – Wie ich wohl einen Leser finden werde? Wird dieser mich finden, oder soll ich vielleicht besser eine Anzeige in einer Zeitung aufgeben: „Leser gesucht?“ Wofür? „Um einen Text zu produzieren.“

Möchtest du mein Leser sein?

Du wirst die Wörter lesen müssen, die ich hier aufgeschrieben habe. Du wirst die Zeichen zu deuten verstehen müssen, die hier in einer linearen Ordnung aufgereiht sind. Du wirst Stimmen in deinem Kopf spuken haben, die dir sagen, nein, dies ist kein Text, die dir sagen, ja, dies ist ein Text. Dir werden Bilder vor deinem inneren Auge vorbeiziehen, die andere Zeichen und Wörter zu einem Text haben werden lassen. All dies wirst du tun müssen, wenn dies hier ein Text werden soll. Ich brauche mich nicht anzustrengen, ich liefere nur die sich selbst suchenden Wörter einer Sprache, die du verstanden haben wirst müssen, damit du endlich sagen kannst: „Dies ist ein Text.“ Zu dir, zu den Zeichen oder zu dem fragenden Blick, den dir der Neugierige in Richtung deines arbeitenden Kopfes wirft, das ist egal.

Ich wollte einen Text schreiben. Ich hoffe, er ist gut geworden.

Sonntag, 4. Januar 2009

21 gramm


motels,hbo free,schnitte die trennen und zerstören.kinder die nach einem geschenk fragen als der vater aus dem gefängnis kommt.schwimmen im regen und rauchen auf dem klo.fraktale,materie und zahlen die uns unbedingt etwas sagen wollen. zwei menschen, fremde, kennenlernen." das leben muss weiter gehen jack-ob mit oder ohne gott." nein.


schwarz, blond und rot,grau der rauch.türen werden geschlossen ohne einander zu wecken. die atmung versagt,man röchelt und es klingt wie fernes stöhnen zweier liebender. ich habe kein geld,nein. angst.exekution auf freiem feld, dann sex, obschon eigentlich zuvor.erinnerungen bestimmen das chaos.fraktale, mir zur erinnerung. gospel,western,krieg,kinder die bilder malen. und benicio del toro vollbringt wahre wunder. "es hat sich keiner geändert." es scheint viel in autos geschlafen zu werden. und er hat ein gutes herz. naomi watts nippel-was kann ich sagen...! menschen reden aneinander vorbei und darin liegt die eigentliche geschichte der menschheit. das leben verwirrt und wird nachträglich zu nicht passenden sequenzen zusammengefügt. nackt,zigarette rauchend, ein aktives passiv. by the way: es ist schon verdammt lange her dass ich nackt auf einem sonnenbestrahlten bett lag. ein sengendes messer stigmatisiert ein kreuz. ein passiv das träger eines stigmatisierten war wird selbst stigmatisiert indem es von seinem träger aktiv stigmatisiert wird. "du hast sein herz, du bist in seinem haus, fickst seine frau. wir müssen ihn umbringen." mit roten schnürsenkeln obwohl sie eigentlich blaue wollte. wieviel wiegen 21 gramm?

Donnerstag, 1. Januar 2009

Heimweg

Es sind schlechte Zeiten für den Sensenmann.

Ich hatte eine Einladung zu einer Motto-Party: Heaven vs. Hell, und eigentlich überhaupt keine Lust, dort hinzugehen, und schon gar keine Lust, mich dazu zu verkleiden.
Da ich aber unbedingt einige meiner Bekannten dort treffen wollte, griff ich zu folgender, absoluten Notlösung: Der alte Bundeswehr-Parka mit Kapuze aus der hintersten Ecke meines Schranks und die alte Sense aus dem Garten meines Vermieters, die schon seit Jahren an der Hauswand gelehnt haben mußte, mit ihrer langen, geschwungenen, schon Rost ansetzenden Klinge.
Der Sensenmann machte sich also zu Fuß auf den Weg zur Party, die Sense geschultert und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, da es zu regnen angefangen hatte.
Schon an der ersten Kreuzung wird ein Kind auf mich aufmerksam, das seiner Mutter zurief:
„Guck mal, der Mann hat aber eine komische Schere!“, worauf die Mutter das Kind an der Hand wortlos und erschreckt zur Seite zog.
An der zweiten Kreuzung kam mir ein silber-grüner Kastenwagen der Freunde und Helfer entgegen, die mich bemerkt haben mussten. Jedenfalls drehten sie um und fuhren nochmals mit ungläubigen Blicken an mir vorbei, mich verwundernd musternd. Schon drehten sie ein zweites Mal um, um fuhren ein drittes Mal an mir vorbei, dieses Mal angeregt mit ihren Kollegen über das Funkgerät kommunizieren, noch immer mich verwundernd musternd. Den Kastenwagen, stellten sie mir mitten in den Weg, als ich über die Straße queren zu beabsichtigen gedachte.
Frage des ersten Freunds, verwundernd musternd:
„Was machen Sie da?“
„Das sehen Sie doch, Ich gehe spazieren.“
Frage des zweiten Freunds, verwundernd musternd:
„Ja, das sehen wir, aber was machen Sie mit der Sense?“
Eigentlich möchte ich der Straßenverkehrsordnunstunte sagen:
„Ich gehe jetzt auf eine Motto-Party, Amok laufen.“
Stattdessen sage ich doch lieber:
„Ich habe sie mir von einem Freund ausgeliehen und möchte sie jetzt zurückbringen.“
Helfer 1:
„Was haben Sie mit der Sense gemacht.“
„Kleine Kinder geschlachtet“
Doch stattdessen:
„Eine Wiese gemäht, die an einem Hang liegt, der zu steil für den Rasenmäher ist.“
Helfer 2:
„Wie weit ist es zu diesem Freund.“
„Nicht mehr weit.“
Wieder der, nicht mehr verwundernd, sondern fragend musternde Helfer 1:
„Und sie gehen auch direkt dort hin und geben die Sense dort ab?“
„Ja.“

Es sind schlechte Zeiten für den Sensenmann.

Irgendwann morgens, vielleicht so gegen drei Uhr, befand ich mich auf dem Nach-Hause-Weg von der Party, die auf der ich nicht viel zu tun hatte, als mich zu amüsieren.
Wieder trug ich die Sense geschultert, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, denn jetzt regnete es nicht nur, sondern es war auch noch dunkel und kalt.
Auf dem Gehweg kam mir ein Mann entgegen, mit Springerstiefeln, einer Bomberjacke über den breiten Schultern und einer sauber gescheitelten Glatze über dem grimmigen NPD-Gesicht. An einer kurzen Leine ein Bündel Muskeln mit gebleckten Zähnen und ohne Maulkorb, laut hechelnd in einer Form, die manch einer als Hund klassifizieren zu belieben gedachte. Oder: Ein Pitbull, der dem Sensenmann Angst machte. Nicht zuständig für die Beförderung von nicht selbst denkenden Kampfmaschinen begann der Sensenmann die Straßenseite zu wechseln, zu seiner eigenen Sicherheit.
Doch im gleichen Augenblick begannen auch die weißgeschnürsenkelten Stiefel das gleiche zu tun, offenbar aus dem selben Beweggrund, so daß beide, der kapuzentragende Sensenmann und die Bomberjackengestalt unter einer Straßenlaterne in der Mitte der Straße zusammentrafen und schweigend voreinander zum Stehen kamen.
Dem Sensenmann fiel lediglich ein, ein gepresstes „Guten Abend“ zwischen den Zähnen hervorzustoßen und das Gegenüber zu umrunden, um den Heimweg inmitten der Straße fortzusetzen.

Es sind schlechte Zeiten für den Sensenmann.